„Ein echtes Bayern-Update in schlechten Zeiten“ stellte Ministerpräsident Dr. Markus Söder in seiner zweiten Regierungserklärung der Legislaturperiode im Landtag vor. Deutschland mitten in einer Wirtschaftskrise. Die Politik der Ampel-Bundesregierung habe Deutschland in eine Sackgasse manövriert. Noch stemme sich Bayern erfolgreich gegen den Bundestrend. Allerdings müsse der Freistaat jetzt selbst handeln. Daher präsentierte er heute ein Modernisierungs- und Beschleunigungsprogramm für Bayern bis 2030.
„Deshalb ist aus monatelangen Gesprächen mit Vertretern aus Industrie, Mittelstand und Handwerk ein Standort- und Motivationsprogramm entstanden“, erklärte Söder zu Beginn. „Wir wollen dabei nicht einfach Geld verteilen, sondern bisherige Strukturen überarbeiten, entschlacken und modernisieren.“Bürokratieabbau
Primär gehe es um den Bürokratieabbau. „Deutschland ächzt unter der Last von Vorschriften“, stellte Söder fest. „Wir brauchen einen schlankeren Staat, damit sich unternehmerische und ehrenamtliche Kräfte wieder entfalten können.“ Fast 50 Neuerungen und über 100 Entlastungs- und Beschleunigungsmaßnahmen für den Freistaat seien deshalb erarbeitet worden. Noch vor der Sommerpause soll ein Modernisierungsgesetz mit umfangreichen Erleichterungen in den Landtag eingebracht werden. Söder will damit etwa mindestens 10 Prozent aller Verwaltungsvorschriften streichen und das erfolgreiche bayerische Instrument der „Paragraphenbremse“ nachschärfen: „Für jedes neue Gesetz müssen künftig zwei alte wegfallen.“
Auch beim Datenschutz müssten viele Regeln entschlackt werden. „Wir sind für Datensicherheit, aber gegen überzogenen Datenschutz“, so Söder.
Vor allem das Baurecht benötige eine massive Erneuerung, um den Wohnungsbau voranzubringen, erklärte der Ministerpräsident. Rund 30 Maßnahmen seien deshalb allein in diesem Bereich erarbeitet worden. Es sollen künftig zum Beispiel keine Baugenehmigungen mehr für den Dachgeschossausbau und für Nutzungsänderungen notwendig sein, zum Beispiel von Büro auf Wohnraum. Abstandsflächen sollen deutlich flexibilisiert werden. Durch die Einführung von Bagatellgrenzen sollen langwierige Verfahren für Kinderspielplätze, Fahrradstellplätze, Werbeanlagen oder Freischankflächen entfallen. „Wir wollen hier insgesamt mehr Eigenverantwortung für die Menschen statt Vorschriften und Bürokratie“, fasste Söder die Ziele hier zusammen. Das werde das Bauen in Bayern erleichtern und enorm beschleunigen. Außerdem kündigte Dr. Markus Söder eine „kleine Revolution“ im bayerischen Vergaberecht an.
Wichtig ist auch das Ehrenamt: Kleinauflagen nervten Vereine und Verbände, das wolle man verbessern, zum Beispiel: Bei Veranstaltungen solle nach zweimalig erfolgreicher Durchführung keine Genehmigung mehr nötig sein; es reiche eine Anzeige. Zelte und Tribünen sollen ohne langwierige Genehmigungsverfahren aufgestellt werden können. Außerdem sollen die Themen Haftungserleichterungen für Vereinsvorstände und Dokumentationspflichten angegangen werden.
Neben einer Enquête-Kommission zum Bürokratieabbau solle es zudem einen Runden Tisch zur Bürgerbeteiligung unter der Leitung von Dr. Günther Beckstein geben, der die Regeln bei Bürgerentscheiden weiterentwickeln soll.
Digitalisierung
Der zweite Fokus Söders lag beim Thema Digitalisierung. „Bayern ist im deutschlandweiten Vergleich hier sehr gut unterwegs“, resümierte er die bisherigen Lösungen. Dennoch gebe es zu viele digitale Insellösungen im Staatsbereich. „Die Bürger erwarten mehr“, so Söder. „Wir wollen daher flächendeckend Künstliche Intelligenz einsetzen und einheitliche Standards für ganz Bayern entwickeln.“ Staatsregierung, Landkreise, Kommunen seien hier gleichermaßen betroffen. Eine Arbeitsgruppe solle nun gemeinsam mit kommunalen Spitzenverbänden bis Anfang 2025 Lösungen erarbeiten. Die Kommunen selbst sollten bei der Digitalisierung ihres Verwaltungsangebots mit 15 Millionen Euro unterstützt werden.
Energie
„Sichere und bezahlbare Energie ist ein Standortfaktor“, machte Söder beim Thema Energiepolitik klar. „Unsere Betriebe leiden unter den hohen Strompreisen.“ Die energiepolitische Hauptverantwortung liege hier bei der Ampel in Berlin. „Gleichzeitig mit Kohle und Atomstrom aus zwei grundlastfähigen Energieformen auszusteigen, ist einfach Irrsinn.“ Natürlich seien die Erneuerbaren Energien die Zukunft und „wir müssen sie voranbringen“, so Söder. Bayern sei hier bereits auf dem richtigen Weg: Bei erneuerbaren Energien liege Bayern bei der gesamten installierten Leistung auf Platz eins in Deutschland. Das sei auch durch das Bundeswirtschaftsministerium bestätigt. Es brauche noch „mehr Tempo“. Für die Genehmigung neuer Windparks sollten künftig beispielsweise die Bezirksregierungen zuständig sein, um schneller zu werden. Auch einen Windkraft-Bonus sprach Söder an, um die Akzeptanz vor Ort zu steigern.
Mehr Tempo brauche es zudem beim Bau von Stromleitungen. Künftig müsse bei neuen Bauvorhaben laut Söder „überirdisch wo möglich, unterirdisch wo nötig“ gelten. Dies sei keine leichte Entscheidung, „aber sonst werden wir zurückfallen und zurückfallen ist keine bayerische Option.“
Auch den Ausbau der Wasserkraft sowie der Wasserstoff-Technologie stellte Söder unter dem Motto „Heimatenergie in Heimathand“ vor. So sollten ab 2030 die Heimfallrechte des Freistaats an Wasserkraftwerken der Uniper Kraftwerke GmbH genutzt werden. Ein staatlicher Einstieg beim Wasserstoff in die Ferngas GmbH erhöhe hier das Ausbautempo. „Wir brauchen zum Beispiel Turbinen, die zu 100 Prozent Erdgas und Wasserstoff gleichzeitig verbrennen können“, resümierte Söder. „Deshalb verstärken wir die Energieforschungsmittel um 10 Millionen Euro und werden gemeinsam mit Unternehmen neue Turbinen und Speichertechnologien entwickeln.“ Mehr Tempo bei allen neuen Vorhaben sei die Devise.
Fachkräftemangel
Der derzeit herrschende Fachkräftemangel sei ein weiteres Problem für den Freistaat. „Wir haben so viele Menschen wie noch nie in Arbeit, aber die geleisteten Stunden werden immer weniger“, so Söder. Er bekräftigte erneut, Anreize für mehr Vollzeitarbeit setzen zu wollen. Gleichzeitig „brauchen wir Fachkräfte durch Zuwanderung aus dem Ausland und keine unkontrollierte Einwanderung.“ Bayern wolle deshalb eine „Fast Lane“ für ausländische Fachkräfte einführen, wie es sie im Bereich Pflege bereits gebe. Auch beim Thema Berufsanerkennung müsse der bestehende Flickenteppich beendet und die Anerkennungsverfahren zentralisiert werden. „Wir müssen bei Fachkräften alles dafür tun, damit unsere Wirtschaft profitiert.“
Finanzierung für Mittelstand und Handwerk
Neue Finanzierungsangebote für Innovation und Transformation sollen neben dem Mittelstand auch Startups nach vorne bringen. Dazu soll die LfA Landesförderbank zu einer Bayern-KfW ausgebaut werden. „Diese Neuerung ist ein Signal an unseren Mittelstand, dass die Unternehmen einen anderen Zugang zum Kapitalmarkt erhalten“, betonte der Ministerpräsident. Die zweite Neuerung sei ein Risikokapitalfonds für Start-ups in der Wachstumsphase. „Auch für sie ist das ein starkes Signal, dass sie nicht auf internationale Geldgeber angewiesen sind, sondern hier bleiben und sich entwickeln können", erklärte Söder.
Neue Transformationsfonds für Unternehmen im Umbruch sollen zudem industrienahe Forschungsprojekte fördern. Ein Kapitalstock von 350 Millionen Euro der Forschungsstiftung solle hier eingesetzt werden, so Söder, um „Investitionen in Bayern zu fördern“. „Vor allem der Mittelstand ist die Zukunftsstrategie Bayerns“, erklärte er.
Söder forderte auch die demokratischen Oppositionsparteien auf, am vorgestellten Programm mitzuarbeiten. „Wir wollen einen großen Mitmachprozess initiieren“, um Bayern voranzubringen, betonte er abschließend. „Wir wollen nicht warten, bis eine neue Bundesregierung die Aufgaben löst und krempeln deshalb jetzt die Ärmel hoch!“
Auch Fraktionsvorsitzender Klaus Holetschek machte in seinem Redebeitrag deutlich, wie wichtig es ist, den Freistaat jetzt an der Spitze zu halten. „Heute ist ein guter Tag für Bayern“, erklärte er. „Wir haben einen Plan, eine Idee für die Zukunft des Freistaats, während Berlin nur einen Plan sucht zur Machterhaltung.“ Bei allen Prozessen sei es wichtig, die Probleme der Menschen zu lösen. „Nicht nur drüber reden, auch machen – das ist auch das Motto unserer Fraktion. Wir wollen das Leben der Menschen einfacher machen und das setzen wir jetzt gemeinsam mit der Staatsregierung um.“
In vielen Gesprächen werde immer wieder deutlich, dass die Bürokratie eines der größten Probleme von Unternehmen sei. Bei all den vorgestellten Maßnahmen sei klar, dass auch die „Gesellschaft bereit sein muss, einen anderen Weg zu gehen“, so Holetschek. Wenn nicht alles bis ins letzte Detail geregelt ist, brauche es eine andere Fehlerkultur und mehr Eigenverantwortung.
„Aber gerade jetzt bei der Hochwasserkatastrophe haben wir gesehen, dass die bayerische Bevölkerung anpacken kann. Wir wollen, dass sie wieder mehr Freiräume hat, genau das zu tun“, so das Fazit des Fraktionschefs. „Mutig, zuversichtlich und entschlossen – das ist unser Plan. Lasst uns diesen Schwung aufnehmen, damit wir am Ende dieser Legislatur sagen können, wir haben einen Beitrag geleistet, dass Bayern an der Spitze steht!“
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